(Einige Überlegungen zur aktuellen Münchner Premiere von Franz Schrekers Die Gezeichneten)
Wysiwyg. What you see is what you get. Heutige Computertechnologie befriedigt heutige Bedürfnisse. Wir wollen sehen, was wir bekommen. Blick jagt Click. Und Click jagt Blick. Es soll mit einem Blick erkennbar sein, was sich tut, womit und vor allem auch mit wem wir es zu tun haben.
Facebook als Manifest heutiger Beziehungsgestaltung, Facial Recognition als Instrument der wissenschaftlichen Forschung wie der Verbrechensaufklärung stehen hoch im Kurs. Auf unsere eigenen Augen meinen wir am meisten setzen zu können, wenn es darum geht, andere zu finden, andere einzuschätzen, anderen zu vertrauen.
Auch das Gezeichnete verweist auf den Gesichtssinn. Gezeichnetes, sofern es sich um Darstellungen, um Zeichnungen und Bilder handelt, lässt sich sehen. In Schrekers Oper wird vieles gezeichnet: Geschlechterbilder und Geschlechterstereotypen, Machtverhältnisse im öffentlichen, auch im privaten Sektor. Es werden Bilder der Verführung und des Missbrauchs gezeichnet. Bilder von Zartheit und von Gewalt. Bilder des Schreckens und der Lust. Oberflächenphänomene. Eine bekannte Spielart von Wysiwyg. Doch Die Gezeichneten geben nicht alles auf einen Blick zu erkennen.
Mit acht schrägen Blicken werden im Folgenden ausgewählte Details der Handlung dieser Oper nachgezeichnet, um in einem anderen Hinsehen anderes zu sehen.

Der gesamte Text aus dem Programmheft zur Aufführung kann hier nachgelesen werden.