Die These von der zunehmenden Lustfeindlichkeit der Gesellschaft ist alles andere als neu. Dennoch wird sie von manchen Theoretikern bis heute wiederholt – wie ein alter, liebgewonnener Schlager. Als wäre allein sie in der Lage, eine kritische Position gegenüber neoliberalen Verformungen des Subjekts aufzubauen. Die (vor dem Hintergrund der allgemeinen Lustfeindlichkeit erstaunlich) verbreitete Freud‘ an der Lust verschafft solchen Theorien oftmals eine gewisse Anerkennung – nicht zuletzt, weil diese Theorien, in denen von einer angeblich verlorenen Lust die Rede ist, Spaß machen und insofern leichter zu popularisieren sind als andere.
Dennoch bleibt einiges mit ihnen unklar. Was genau haben wir uns unter einer Lust vorzustellen, die angeblich nicht nur bekämpft sondern geradezu vom Verschwinden bedroht wird – etwa durch ein breit eingeführtes Verbot des Rauchens? Wie lassen sich Gebote solcher angeblicher Lustlosigkeit allgemein durchzusetzen? Was geschieht aus einer psychoanalytisch-ökonomischen Perspektive, wenn dem Lust-Ich „Schluss mit lustig“ befohlen wird?
Freud traut dem Schein der Lustlosigkeit weniger. „Die Einzelheiten des Vorganges, durch welchen die Verdrängung eine Lustmöglichkeit in eine Unlustquelle verwandelt, sind noch nicht gut verstanden oder nicht klar darstellbar, aber sicherlich ist alle neurotische Unlust von solcher Art, ist Lust, die nicht als solche empfunden werden kann“ (Freud 1920, 6). Die Lust verbirgt sich also oftmals hinter nur scheinbar lustlosen Formen. Ein wichtiges Beispiel solcher verdeckter Lust ist für Freud der masochistische Schmerz. Freud nimmt hier an, dass die Todestriebe durch die Libido gebunden werden können – die nach außen gerichteten Anteile, die vom Todestrieb bestimmt sind, ermöglichen einen sadistischen Lustgewinn, die innen gebundenen Anteile speisen masochistische Triebqualitäten (Freud 1924, 375).
Die Möglichkeit, in so kurzer Zeit in so vielen Staaten so umfassende Rauchverbote zu erlassen, wäre vor diesem Hintergrund keine Frage der Lustlosigkeit oder Lustfeindlichkeit, sondern sie wäre als sadomasochistische Variante anzusehen, im Rahmen derer das gesetzlich geregelte Quälen der RaucherInnen in ritualartigen Inszenierungen gesamtgesellschaftlich mit nicht geringem Lustgewinn befördert wird. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung ist in Zusammenhang zu sehen mit der perversen Struktur des Masochismus: Der Masochist spielt mit. Das Verbot wird geradezu ersehnt von dem Gequälten.
Lit.:
Freud, Sigmund (1920): Jenseits der Lustprinzips, in: GW XIII, 3-69.
Freud, Sigmund (1924): Das ökonomische Prinzip des Masochismus, in: GW XIII, 371-383.