Willkommunikation

Auf der (seit einiger Zeit nicht mehr zugänglichen) Seite der Studentenproteste Bologna burns findet sich der Ausdruck Willkommunikation, eine zunächst ungewöhnlich anmutende Wortneubildung. Für Storfer würde dieses Wort zu den Verschmelzungswörtern gehören, wie der Krokodilettantismus, derPapageizkragen oder das Kabeljauchzen (A. J. Storfer: Wörter und ihre Schicksale. Berlin: Verlag Vorwerk8 2000, 56). All diese Worte sind so etwas wie sprachgewordene Chimären (Freud vergleicht sie mit Kentauren), wilde Gebilde aus zwei unterschiedlichen Reichen. Im geeigneten Zusammenhang wirken sie witzig. Sie dienen dazu, eine kurzschlussartige Verbindung zwischen zwei Vorstellungen zu erzeugen. Auf solche Verbindungen, die mit einer indirekten Wiederkehr des Verdrängten verbunden sind, kann sich das Symptom stützen.
Ist die Willkommunikation also ein Symptom?
Für Freud haben wir es beim Symptom mit der Wiederkehr des Verdrängten in Form von Ersatzbildungen, Kompromissbildungen oder Reaktionsbildungen zu tun. Lacan, der bei der Neurose von Symptomen, bei der Psychose von Phänomenen und bei der Perversion von Akten spricht, wird das Symptom mit verschiedenen Momenten der Sprache in Verbindung gebracht. Er sieht im Symptom einerseits einen Signifikanten, dann den Vorgang der Bezeichnung, andererseits eine Metapher und schließlich eine Botschaft (Dylan Evans, Dictionary of Lacanian Psychoanalysis. London: Routledge 1996, 203 f.).
Die Willkommunikation wäre so betrachtet etwas Artikuliertes (Signifikant), dem Bedeutung zukommen kann, aber auch der Prozess (Bezeichnung), in dem Bedeutung hervorgebracht wird, vielleicht aber auch der Ausdruck von etwas ganz Anderem (Metapher) oder eine an die LeserInnen gerichtete Nachricht (Botschaft).  Was aufgenommen werden kann von einem Symptom, hängt nicht zuletzt von den LeserInnen/HörerInnen ab.
Für Freud waren Symptome nichts, was vom Analytiker zum Verschwinden gebracht werden soll. Ernst Blum erzählt von einer diesbezüglichen Äußerung Freuds aus seiner eigenen Analyse bei Freud im Jahr 1922: „Die Lösung der Symptome geschieht nicht dadurch, dass das Symptom verschwindet, wenn der Zusammenhang zwischen ihm und dem verdrängten Traume hergestellt ist; sondern dass man dann fähig ist, das Symptom zum Verschwinden zu bringen. Meistens wird der Betroffene es ja tun, da ihn das ja in die Analyse geführt hat. Wenn das Symptom aber ichgerecht ist, kann er es behalten, zum Beispiel seine Liebe, diese als Symptom betrachtet“ (Manfred Pohlen: Die Sitzungsprotokolle Ernst Blums. Reinbeck: Rowohlt 2006, 186 f.).

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